Volkssänger und Volkssängerinnen
Münchens erste Popkultur
Mitte des 19. Jahrhunderts zogen massenweise junge Leute vom Land in die Stadt und fanden Herberge in der Vorstadt, den Slums von München. Ende des Jahrhunderts lebte der Großteil der Münchner in diesen Elendsvierteln der Vorstädte, nur wenige waren im Besitz des Wahl- und Bürgerrechts. Viele verdingten ihr kärgliches Dasein als Tagelöhner*innen. Die meisten aber waren jung, ledig, unternehmungslustig und anpassungsfähig. So entstand in den Vorstädten eine völlig neue Bevölkerungsschicht, mit eigenen Bedürfnissen, Hoffnungen und Zielen. Die Volkssänger*innen gaben ihnen eine Stimme.
Das neue Phänomen Freizeit und das ungestillte Bedürfnis nach Vergnügen bildeten die Voraussetzung für das Entstehen der Volkssänger*innenkultur. Die Volkssänger*innen waren die „Stimme der Vorstadt“. Ihre Kunst wurde zum Sinnbild eines Lebensgefühls. Aus dieser völlig neuen „Kleinkunstszene“ konnte auch ein Karl Valentin hervortreten.
An jedem Eck a Gaudi
Die Volkssängerausstellung "An jedem Eck a Gaudi" zeigt die Entwicklung der ersten „Popkultur“ Münchens. Sie befindet sich im Nordturm des Isartors und ist über den Wehrgang erreichbar.
Karl Valentin zählte nicht nur selbst zu den Volkssängern, er legte in den 1920er Jahren auch eine Volkssängersammlung mit dem Ziel an, ab etwa 1860 minuziös alle Münchner Theater und Bühnen sowie sämtliche in München wirkenden Unterhaltungskünstler und -künstlerinnen, Gruppen und Kapellen zu dokumentieren. Aus diesem Material gestaltete er, zusammen mit Liesl Karlstadt, 1927 in der Gaststätte Drei Rosen am Rindermarkt eine "Münchner Volkssängerausstellung".
Zu allen Tafeln gab es ein ausführliches Namensregister und zu etlichen Persönlichkeiten hatte Karl Valentin süffisante Kommentare verfasst. Ohne Valentins Wirken wären vermutlich viele Dokumente zur Münchner Volkssängerunterhaltung und damit umfangreiches Wissen verloren gegangen. So ist die heute präsentierte Volkssängerausstellung auch ein Werk Karl Valentins.